Die Taverne
Die Taverne

Der Wirt hatte nichts dagegen, dass ich eine Nacht auf seinem Parkplatz verbringe. Es ist ein sicherer Platz hat er mir versprochen. Erst mitten in der Nacht war klar, warum er das so betont hat. Waren seine Hunde tagsüber, während der Öffnungszeiten noch im Zwinger oder an der Kette, hat er sie nach Lokalschluss frei rumlaufen lassen. Da ich die Einzige auf dem Platz war und Kalles Duftmarke wohl auch sehr lockte, sind sie stundenlang um die Dicke rumgestromert und haben ständig gebellt. Diese Rudelhunde sind mir unheimlich. Ich habe mich jedenfalls nicht aus dem Wagen getraut. 

Die drei Hunde
Die drei Hunde
Felsenformationen in der aufgehenden Sonne.
Felsenformationen in der aufgehenden Sonne.

Ich bin dann einfach losgefahren und habe sie hinter mir gelassen.


Hinter mir lassen. 

In der letzten Nacht habe ich komische Sachen geträumt. Von meinem ersten Freund D. 

Dass jeder aus der Klasse wusste, jetzt macht er mit S. auf dem Schulhof in der Pause Schluss, weil er sich in mich verknallt hat, nur ich hatte keine Ahnung. Wir sind dann bis zum Ende der Schulzeit miteinander 'gegangen'. 

Uns dann aus den Augen verloren und päter wieder gefunden. Ein paar Jahre haben wir zusammen gewohnt, bis ich mit seiner Alkoholsucht nicht mehr klar gekommen bin. Er ist nie davon los gekommen. So viel verschenktes Potential. In meinem Traum konnte ich das alles noch einmal sehen. Ich war jung, er war jung. Wenn er nicht getrunken hätte, wäre ich mit ihm verheiratet gewesen. Hätte keine Kinder oder andere. Am 28.10.2021 ist er beerdigt worden.

Erinnern, aufschreiben, weiter ziehen, es hinter sich lassen, loslassen. Ist DAS Reisethema offenbar. 

D. B.
D. B.
Abgeerntete Baumwollfelder
Abgeerntete Baumwollfelder

Ich fahre durch eine langgestreckte Ebene zwischen abgeernteten Baumwollfeldern hindurch und egal, in welche Richtung ich blicke, das Tal ist überall mit grandiosen Bergen umgeben.

Zu den normalen Wildwechselschildern gesellen sich auch welche mit der Warnung vor Bären. Na besten Dank! 


Die Straße schraubt sich dann auch irgendwann wieder in die Höhe und ist schmal und schlecht in Schuss. Längst gibt es eine mautpflichtige Autobahn, die schnurstracks die Berge durch- und zerschneiden. Die Serpentinenstrassen sind mir lieber, denn die Kurbelei wird mit Aussichten belohnt, die einfach unbeschreiblich sind.


Ich habe einen Hefeteig angesetzt, der vorne auf dem Armaturenbrett in der Sonne vor sich hin geht.


Ein paar Kilometer später muss ich ihn abbacken. Ich finde ein sonniges Plätzchen und das Brot steht im Omnia auf dem Gas. Mittendrin klopft plötzlich jemand an das Fenster. Ein Wanderer mit tonnenschwerem Rucksack kommt aus dem Nichts um den Wagen herum. Ich hatte ihn nicht überholt bei der Aufwärtsfahrt.

Harry aus Holland lässt sich auf ein Schwätzchen bei mir nieder. 

Harry aus Holland
Harry aus Holland

Er ist seit Monaten auf Achse und kommt im Moment geradewegs aus Bulgarien. Alles zu Fuss. Ab und zu mal Bus und Bahn oder Mitfahrgelegenheit.

Er ist 58 Jahre alt, lebt von Kryptons und hatte früher verschiedene Lokale. Er ist immer unterwegs, ein festes Zuhause hat er nicht mehr. Ihm auf den Fersen ist ein grosser wuscheliger Hund. Harry sagt, der folge ihm schon etliche Kilometer. Er hat versucht, ihn zu verscheuchen. Vergeblich. Ich nehme den Mann ohne den Hund und seinen mordsmässigen Rucksack, der kaum durch meine Aufbautür passt, ein Stück den Berg runter mit. Er hatte beim Universum Brot bestellt und ich habe mit ihm geteilt. Auch dieses quietschsüsse Küchlein habe ich ihm mitgegeben.

Ein nettes Schwätzchen, gegenseitige gute Wünsche und ein kurzer gemeinsamer Weg. So sind Begegnungen unterwegs. 

Harry und... nee, nee, nicht Sally! Icke!
Harry und... nee, nee, nicht Sally! Icke!
Geissenpeter ist auch wieder unterwegs.
Geissenpeter ist auch wieder unterwegs.
Bildstock am Strassenrand
Bildstock am Strassenrand

In Österreich heißen die kleinen Mahnmale am Straßenrand, die auf Verkehrsunfälle mit Todesfolge hinweisen 'Marterl'. In Kroatien und Albanien waren sie üppig geschmückte Granittafeln mit viel künstlichem Blumenschmuck, mal einem Reifen, einer Felge oder Radkappen und Bildnis des Verunglückten.

Hier sind es kleine Häuschen oder Türmchen, aufwendig gestaltet mit Kerzen drin und auf hohen Sockeln.

Der Sinn ist der gleiche. Den Rasern zur Warnung. Schert aber hier keinen. 

Marterl mit Aussicht
Marterl mit Aussicht
!!!
!!!

Bei diesem Anblick im Rückspiegel ist mir dann kurz vor dem Abend noch das Herz in die Hose gerutscht. Während der Fahrt übrigens. Das Schloss der Heckklappe hat eine Macke und verselbständigt sich gerne! Das Adrenalin flutete meinen Körper bei dem Gedanken, was alles hätte passieren KÖNNEN!

Ich hatte mich schon über die Handzeichen zweier entgegen kommenderührer gewundert....

'Mehr-Glück-als-Verstand' ist heute mein zweiter Vorname.