Aufbau
Aufbau

Die ganze Nacht hat der Regen auf das Dach getrommelt. War bei meiner Ankunft noch der Vollmond zu sehen, zuckten chtens zahlreiche Blitze und krachte der Donner über meinem Kopf. Ich hatte es kuschelig warm und gemütlich. Nur wenn ich an den 10 Kilometer Lauf gedacht habe, der heute morgen stattfinden sollte, kamen mir eher Bilder von Schlammschlachten in den Kopf. Ich bin davon ausgegangen, dass der Lauf abgesagt wird. 


Umso verblüffter war ich, als ich wach wurde und um mich herum das Leben tobte. Ständig kamen Fahrzeuge an, aus denen sich Läufer schälten. Ein Generator wurde aufgebaut, Siegertreppchen herangeschleppt, die Strecke abgesteckt und Wasserflaschen verteilt. Jeder Läufer bekam ein Tütchen mit Startnummer, T-shirt und "Ich-war-dabei" - Medaille. 

Die Deutsche steht im Weg
Die Deutsche steht im Weg

Ein Physiotherapeut baute seine Massageliege auf und die Fotografin ihr Stativ. An einem Automaten konnte sich jeder fotografieren lassen, noch bevor es los ging. 

Jeder Läufer bekam einen GPS-Tracker, mit dem dann auch die Zeit genau gemessen werden konnte und damit keiner verloren ging. 


Die Katzen meiner Freunde waren aus dem WoMo entwischt und angesichts des Zweibeinerauflaufs irgendwo im Gebüsch verschwunden. 

K. lief die ganze Zeit herum und rief immer 'φουντούκι ('Fountoúki') und 'Μικρολάκη'  ('Mikrolaki') mit sehr hoher Stimme, um ihre Lieblinge anzulocken, was aber die umstehenden Griechen völlig irritierte. Wieso schreit eine Frau dauernd 'Haselnuss' und 'Miekrigling' in den höchsten Tönen, scheinbar hemmungslos? 


Zwei deutsche Wohnmobile und eine Frau, die quietschend merkwürdige Namen rief. Eine andere Deutsche, die mit ihrer Karre mitten im Weg stand und dauernd Müll aufsammelte, war auch nicht besser. Wieso kam die her und hatte nichtmal einen Läufer dabei? Die spinnen, die Deutschen. Alle ein bisschen plemplem.

Man beachte den siegessicheren Gesichtsausdruck
Man beachte den siegessicheren Gesichtsausdruck
He is always her Number one
He is always her Number one

Um 10 Uhr erreichte die Stimmung ihren Höhepunkt, es gab einen Countdown und alle rannten los. 

Es war kalt, regnerisch, die Wege schlammig und glatt.

Der Läufer Joshua Cheptegei hält seit 2019 den Weltrekord auf 10 Kilometer mit 26:38

Auf der Ebenen Straße wohlgemerkt! 

Unser Freund H. war nach 1:07 h wieder heil und gesund im Lager. Und das gesund war irgendwie das Wichtigste, denn die Strecke hatte es in sich, wie ich später noch leidvoll erfahren sollte. Da war die Zeit egal. 

Hauptsache keine Knochenbrüche oder andere Blessuren. 

Ausserdem ist er immer unsere Nummer 1


Um die Mittagszeit war alles vorbei. Die Parkplätze leeren sich, das Zeug wurde zusammen geräumt und nach und nach verschwanden alle. Dafür tauchten die beiden Katzen wieder auf. Frauchen hörte auf zu schreien und macht glückliche Hüpfer. 


Irrfahrt
Irrfahrt

Wir haben uns dann verabschiedet und jeder fuhr in eine andere Richtung davon. Ich in die falsche.


Bevor ich mich versah, hatte ich mich verfranst. Aber so richtig. 

Ich bin fast die ganze Laufstrecke abgefahren und wenn sich das hier aufgeschrieben so harmlos liest.... Das war es nicht. 


Als ich bereits das zweite Mal völlig verzweifelt an derselben Abzweigung ankam und ich meine eigenen Reifenspuren gut sehen konnte, hätte ich bald geheult. 

Dass ich auf der Strecke weder in den Abgrund gestürzt bin... immer nur FAST.... dass ich nicht in irgendeinem Schlammloch stecken geblieben bin... immer nur FAST.... dass ich der Dicken nicht die Achsen gebrochen habe.... immer nur FAST... ist wirklich ein Wunder. 

Eine der harmloseren Stellen
Eine der harmloseren Stellen

Ich habe Blut und Wasser geschwitzt! Mir ist das Lachen gründlich vergangen und ich hatte Angst! 

Richtig scheissende Angst! 

Ich habe an einer Stelle gewendet wo ich vorne und hinten nur ca 50 cm Platz hatte. 

Vorne der Abgrund, hinten der Felsen. Dafür habe ich eine gute halbe Stunde gebraucht. 


Ich habe alle Göttinnen der Camper und Landfahrer beschworen, meiner Dicken mit Engelszungen gut zugeredet, mich entschuldigt, sie gelobt und ihr das Blaue vom Himmel versprochen, wenn wir aus dem Gelände wieder rauskommen. 

Ich habe im ersten Gang die Felsen überfahren und gehört, wie sie am Unterboden geschrammt haben. 

Ich habe Bäume passiert und gebetet, dass sie mir nicht die Solarpanele abrissen, ich habe mehr als einmal die Spiegel rechts oder links einklappen müssen oder sie wurden durch die Felsen eingeklappt. 

Die Büsche, die ich zwischen die Räder genommen habe, kitzelten der Dicken den Bauch. Die Spurrillen waren bis zu 40 cm tief, die Felssteine wie Sprungbrett. Ausgeschwemmt Rinnen ließen den Wagen von rechts nach links kippen und das Geschirr im Schrank flog durcheinander. 


Und irgendwann war ich plötzlich wieder an meinem Stellplatz der letzten Nacht und bin endlich auf die richtige Straße gekommen.

DANN erst habe ich angefangen zu zittern und mir war ganz schlecht bei dem Gedanken, was alles hätte passieren können. 

Meine Hände taten höllisch weh, weil ich das Lenkrad ums Verrecken nicht locker lassen konnte. 

Ich habe mir vorgestellt, was ich tun würde, wenn ich hängen bleiben würde und musste den Gedanken als wenig hilfreich schnell wieder beiseite schieben. 

Ich war völlig erschöpft, erleichtert und durchgeschwitzt. 


Und ich war dankbar! Die Dicke ist soooo toll! Sie hat mir nichts, aber auch gar nichts übel genommen. Ist die Felsen geritten wie eine Surferin.

Nur total verdreckt ist sie. Aber das ist wie schwitzen beim Laufen. Das kann man abwaschen. 

!!!!!
!!!!!
Rechts unten ist die Kemera für das Grauwasserrohr. Aber die war schon vorher kaputt.
Rechts unten ist die Kemera für das Grauwasserrohr. Aber die war schon vorher kaputt.
Meine Weihnachtsdeko!  😜
Meine Weihnachtsdeko! 😜

Jetzt stehe ich am Palast von Knossos und mache morgen einen auf Kukturmensch. 

Das kriege ich hin ohne Katastrophen... hoffentlich. 🙄😜